Erstellt von Karin Kleinert | |   Kreisverband

Wohnraum: Vorbild Wien?

Die Grünen Saaldorf-Surheim diskutieren bei ihrem Stammtisch über leistbares Wohnen in Bayern

 

Zu einem Stammtisch hatten die Saaldorf-Surheimer Grünen ins Gasthaus Lederer nach Surheim eingeladen. Im Fokus stand die Vorstellung der Direktkandidaten für Bezirkstag und Landtag Ulrike Schweiger und Dr. Bernhard Zimmer sowie ein Sachthema, das die Menschen nicht nur im Landkreis, sondern vielerorts umtreibt: „Bezahlbares Wohnen“. Die Kandidaten informierten über die Grünen Positionen, nahmen Stellung zu Fragen und diskutierten gut und konstruktiv zwei Stunden mit Interessierten aus der Gemeinde Saaldorf-Surheim, aus Freilassing, Laufen und Feldkirchen.

 

Die Situation am Wohnungsmarkt sei angespannt, und das nicht nur wegen der Unterbringung von Asylsuchenden, begann Dr. Zimmer. Es müsse kräftig investiert und rasch Wohnraum geschaffen werden, so der Pidinger Gemeinde- und Kreisrat, der sich seit 2008 in der Kommunalpolitik engagiert. Im Programm zur Landtagswahl, das die Grünen selbstbewusst „Regierungsprogramm“ übertitelt haben, würde man den Aspekt „Bezahlbares Wohnen“ an 35 Stellen finden. Dies zeige, dass sich anständiges Wohnen durch alle Lebensbereiche ziehe. Zimmer zitierte Artikel 106 der Bayerischen Verfassung, wonach jeder Bewohner Bayerns „Anspruch auf eine angemessene Wohnung“ hat und die „Förderung des Bauens billiger Volkswohnungen Aufgabe des Staates und der Gemeinden“ sei. Den Gemeinden komme demnach eine besondere Bedeutung zu, wobei das Land unterstützen müsse, regulatorisch und finanziell. Dabei dürfe jedoch der Klimaschutz nicht missachtet und der Flächenverbrauch nicht gesteigert werden.

 

„Die Wohnungssuche ist eine echte Herausforderung, nicht nur in Ballungszentren, sondern auch bei uns“ ergänzte Ulrike Schweiger. Die Freilassingerin weiß dies von vielen Gesprächen, die sie als Ehrenamtskoordinatorin der Caritas im Bereich „Integration & Asyl“ führt. Sie wolle sich künftig im oberbayerischen Bezirkstag, einer Art Sozialparlament wie sie erklärte, für die unterschiedlichen Belange der Menschen im Stimmkreis Berchtesgadener Land stark machen.

 

Das Wohnen müsse anders gedacht werden, so Bernhard Zimmer. Die Bauordnung sollte, wo notwendig und sinnvoll „entschlackt“ werden. Außerdem würde eine „Umbaukultur“ viel bringen, mit innovativen Ideen zum Aufstocken, An- und Ausbauen, zur Umnutzung und dergleichen mehr. Obendrein müssten die örtlichen Wohnbaugesellschaften gestärkt werden. „Im Bereich Bauen und Wohnen brauchen wir mehr Wien als Berlin“ sagte Ulrike Schweiger und spielte damit auf den Sozialwohnungsbau in der österreichischen Hauptstadt an, der eine lange Tradition hat und jedes Jahr für mehr sogenannte Gemeindewohnungen sorgt. Die Grünen wollen sich für eine Verstetigung der Sozialbindung auf vierzig Jahre einsetzen, verwies sie auf das Programm. Allein in diesem Jahr würden in Bayern 16 Prozent der gebundenen Wohnungen aus der Förderung fallen und damit für die Bewohner nicht mehr leistbar sein. 

 

Im Folgenden wurde angeregt debattiert. Der Laufener Kreisrat Franz Eder nannte das Thema „Leerstandsmanagement“, das angepackt werden müsse. In Laufen sei man dran, aber es sei schwierig. Hinsichtlich der Wohnbauwerk im Berchtesgadener Land GmbH, bei der zehn Gemeinden aus dem mittleren und südlichen Landkreis sowie der Landkreis BGL Gesellschafter sind, sollten im gesamten Landkreis Wohnungen gebaut werden. Die Freilassinger Kreisrätin Elisabeth Hagenauer pflichtete ihm bei und verwies auf die in Freilassing beheimatete Wohnungsbau Rupertiwinkel eG, die in Ainring, Freilassingund Saaldorf-Surheim Wohnungen baut und diese an Mitglieder vermietet. Ihrer Meinung nach sei es zu unterstützen, dass die 15 Kommunen des Landkreises Berchtesgadener Land in beide gemeinnützige Gesellschaften involviert sind und dass dies keine Konkurrenz darstelle.

 

Norbert Höhn, ehemaliger Gemeinderat, verwies darauf, dass in Saaldorf-Surheim nach und nach veraltete Bebauungspläne überarbeitet würden, um mehr Nachverdichtung zu ermöglichen. Dies sei vorbildhaft sagte Zimmer und verwies als weiteren Hebel auf die Regionalplanung, mit der die Länder den Raum durch planerische Vorgaben entwickeln, ordnen und sichern. Über zielgerichtete Fördermittel könne ebenfalls einiges realisiert werden. Eine Zuhörerin brachte den Punkt Eigenverantwortung in die Diskussion ein. Als die Kinder aus dem Haus waren und dieses für sie und ihren Mann zu groß geworden war, hätten sie in Absprache mehr als die Hälfte des Hauses einem der Kinder überlassen. „Man muss anders denken und bei sich anfangen“, lautete ihre Schlussfolgerung.

 

Ein Zuhörer wollte wissen, ob das öffentliche Bauen mit Holz immer noch rund zwanzig Prozent teurer sei als das Bauen mit Beton. Dies sei eine veraltete Annahme, so Zimmer, denn der Holzbau habe sich in den letzten Jahren extrem gewandelt und es gebe gute Lösungen, die finanziell darstellbar seien. Holz sei ein regenerativer Baustoff, der CO2 bindet, und von der KfW gefördert werde. Auch öffentliche Bauten, etwa der Kindergarten in Piding, werden in Holzbauweise geplant. „In diesem Bereich ist ein Umdenken da“ so der Forstwissenschaftler zuversichtlich.

 

Beim Stammtisch der Grünen in Surheim war man sich einig: es braucht innovative Ideen, die rasch umgesetzt werden, damit mehr erschwinglicher Wohnraum entstehen kann.